Schlicht wie das Äußere ist auch das Innere des Bratwurstglöckleins. Doch gerade hierin beruht sein Hauptreiz, und gerade das ist es, was den kleinen Bau mit solch idyllischer Weihe erfüllt. Hier findet man keine prunkvolle Ausstattung und keine glänzenden Einrichtungsgegenstände. Vielmehr waltet in allem größte Einfachheit vor. Die Wände sind in schmuckloser Weise vertäfelt. Oben läuft ein vorkragendes Brett um, auf dem säuberlich geputzte Zinnkrüge und Zinnteller, Fayencen und anderes Gerät stehen. Und blickt man aufwärts, so gewahrt man die noch alte Spunddecke mit ihren vom Alter geschwärzten Balken.Einen besonders anziehenden Schmuck bilden die vielen, einfach gerahmten, alten Kupfer, mit denen die Wände geziert sind. Und darauf möchten wir vor allem die Aufmerksamkeit der Besucher lenken. Bekanntlich hatte Nürnberg in älterer Zeit weit mehr Kirchen und Kapellen aufzuweisen wie heute. Auch ist gar mancher charakteristische weltliche Bau vom Erdboden verschwunden. Alles das, was einst war, wird uns hier in Bildern vor Augen geführt. Da sehen wir den nicht mehr vorhandenen romanischen Bau der Egidienkirche, die ehemalige Elisabethkirche mit dem originell ausgebildeten Eckhaus auf ihrer Ostseite, die Karthause, jetzt Sitz des Germanischen Museums, in der Gesamtheit ihrer früheren Anlage, die im Jahre 1807 eingestürzte Predigerkirche, die späterhin bis auf den Chor durch ein Kaufhaus verdrängte Barfüßerkirche, das in Teilen nach dem Germanischen Museum transferierte und dort wieder aufgerichtete Augustinerkloster, dann den Chor der Frauenkirche mit den hoch hinaufgezogenen Kramen, weiter ältere Ansichten des Hauptmarktes, der Burg, des Hauses zum goldenen Schild, in dem im Jahre 1356 die ersten 23 Kapitel der goldenen Bulle bekannt gegeben wurden, des nicht mehr bestehenden massigen Hauses zum goldenen Kreuz auf der Füll, und schließlich auch der Moritzkapelle mit dem Bratwurstglöcklein in einem Kupferstich der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Nicht fehlen auch ältere Darstellungen des Sebaldusgrabes, des Sakramentshäuschens von Adam Kraft, des schönen Brunnens, des großen Springbrunnens von Georg Labenwolf, der im Jahre 1583 nach Dänemark verschickt wurde, und große Patrizierporträts in der Tracht der früheren Zeit. Auch allerhand denkwürdige Ereignisse finden sich in Bildern dargestellt, wie der kühne Sprung des Eppelein von Gailingen, seine Taten und sein Ende, dann auch die verheerende Wasserflut vom 15. Januar 1849. Hinzu kommen alte Ansichten aus der Umgebung Nürnbergs. Die Erinnerung an Kaspar Hauser ist durch ein Bildnis und ein Gedicht auf seine rätselhafte Ermordung im Schloßgarten zu Ansbach am 14. Dezember 1833 festgehalten. So wird in diesen schlichten Bildern und Bildchen das alte Nürnberg in unserem Geiste wieder wach, und gern läßt man sich durch sie in die früheren Zeiten zurückversetzen.
Aber auch die Gegenwart ist zu ihrem Recht gekommen. Und da sind es namentlich die Besuche fürstlicher Persönlichkeiten, von denen wir Kunde erhalten. Fast alljährlich kehrt die Königin Elisabeth von Rumänien im Bratwurstglöcklein ein. Im Mai des Jahres 1892 schenkte sie ihr Bildnis mit eigenhändiger Widmung, das nun an der südlichen Längswand seine Stelle hat. Am 9. Juli des Jahres 1883 verfaßte sie gelegentlich ihres Besuches folgendes, nun in einen hübschen Schnitzrahmen gefaßtes Gedicht: ich las, was allhier geschrieben stund, Und weil ich die Herrn nit finden kunnt, So hab‘ ich auf ihrem Platze gesessen, In ihrem Geiste mich satt gegessen.
Gemeint sind mit den Herrn die berühmten Künstler aus Nürnbergs Vergangenheit. Eine weitere Inschrifttafel meldet, daß am 1. August des Jahres 1896 Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern mit seiner Gemahlin und. der Prinzessin Klara hier geweilt. Am 10. August des gleichen Jahres hielt hier Einkehr Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, am 15. August die Herzogin Maria de Ferrara, am 16. August Prinz Heinrich von Preußen mit seiner Gemahlin und am 20. August Marie Herzogin von Mecklenburg und Paul Herzog von Mecklenburg. Noch werden die Krüge gezeigt, aus denen Prinz Heinrich von Preußen und seine Gemahlin getrunken. Nicht zu vergessen ist, daß am 16.März des Jahres 1902 Kronprinz Wilhelm das Bratwurstglöcklein mit seinem Besuch beehrte. In einen Rahmen ist eine Karte eingefügt, die ihn als Student zeigt, und als solcher hat er auch seinem Namen den Borussenzirkel beigefügt. König Gustav Adolf von Schweden war im Jahre 1888 als Kronprinz hier. Es ist höchst interessant, dass all diese Besuche durch die eigenhändig geschriebenen Namen der einzelnen Fürstlichkeiten dokumentiert sind. Weiter ist auf eine Scherzzeichnung des bekannten englischen Illustrators Walter Crane hinzuweisen, welche dieser gelegentlich seines Besuches des Bratwurstglöckleins am 6. November 1900 anfertigte und auf der er sich in Anspielung auf seinen Namen als Kranich dargestellt, der Albrecht Dürer zutrinkt.
Historisch von Interesse ist dann endlich noch ein Porträt König Ludwig’s I. von Bayern, ein Originalaquarell von C. L Hendinger vom Jahre 1833. Die Rechte weist auf ein aufgeschlagenes Buch, in dem die bezeichnenden Worte: „Das Glück meines Volkes mein höchstes Glück« zu lesen sind.